Veranstaltung: | 39. Bundesmitgliederversammlung von Campusgrün in Erlangen |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 4.5.1 Inhaltliche Anträge |
Antragsteller*in: | Campusgrün Uni Hamburg (dort beschlossen am: 24.06.2019) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 29.06.2019, 16:51 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Eil-A4NEU: Gegen den EU-Aufrüstungsfonds
Antragstext
Die CampusGrün-Hochschulgruppen beschließen, sich durch Diskussionen in
Studierendenparlamenten bzw. -räten oder vergleichbaren Gremien, durch
Diskussionsveranstaltungen, durch Demonstrationen und durch das Wirken für die
Verankerung von Friedensforschung in den Curricula gegen eine weitere Aufrüstung
zu stellen. Insbesondere gilt dies aktuell für die Gegner*innenschaft zum EU-
„Verteidigungsfonds“.
Europa – ein Kriegsprojekt?
Die vermeintliche "Friedenspolitik" der etablierten Politik und weiterer
Interessengruppen, die am Status Quo festhalten, ist keine. Somit ist es auch
nicht hinnehmbar, dass grüne Parteien Spendengelder aus der Rüstungsindustrie
annehmen und Kriegseinsätze mit unterstützen. In diesem Sinne fordern wir die
Abschaffung der Rüstungsindustrie. Wir wirken dafür, dass insbesonders linke und
güne Partein eine konsequent pazifistische Politik praktizieren.
Der sogenannte „Verteidigungsfonds“ der EU wurde am 18.4.2019 im EU-Parlament
mit einer deutlichen, aber keinesfalls unangefochtenen Mehrheit von 328 zu 231
Stimmen durchgesetzt. Er soll ab 2021 greifen und Zuschüsse liefern, wenn sich
mehrere Staaten oder Konsortien zusammenschließen, um in einer bestimmten
Größenordnung Rüstungsgüter zu produzieren. Bis 2027 stehen so 13 Milliarden
Euro aus dem EU-Haushalt zusätzlich für Rüstung zur Verfügung.
Vorgeblich sollen durch dieses Anreizsystem weniger unnötige Waffen in der EU
produziert werden: In der EU existieren derzeit 178 verschiedene Waffensysteme.
Jedoch macht die „Argumentation“, dies durch mehr Rüstungsausgaben zu erreichen,
deutlich, dass hier nicht etwa jede Waffe als unnötig gilt, sondern nur
diejenigen, die im Einsatzfall nicht mit anderen interoperabel wären.
Rüstungsindustrie made in EU
Zwischen Deutschland und Frankreich wurde der EU-„Verteidigungsfonds“ bereits
2013 ins Spiel gebracht. Die EU-Kommission schlug diesen offiziell Ende November
2016 vor, kurz nach der Wahl des ultranationalistischen Kapitaleigentümers
Donald Trump zum US-amerikanischen Präsidenten – der Druck ausgeübt hatte, das
NATO-Ziel, 2% des BIP für Bewaffnung auszugeben, müsse eingehalten werden,
Europa könne sich zur Sicherung seiner Privilegien nicht bloß auf die USA
verlassen. Hierin ist also vielmehr als in dem Bemühen um internationalen
Frieden eine Begründung des EU-Rüstungsfonds zu sehen.
Die Weltlage gibt es jedoch nicht her, vermeintliche „europäische“ gegen
„amerikanische“ Interessen an jeweils inländischer Rüstungsproduktion
beziehungsweise „westliche“ Interessen an militärischer Abschreckung gegen die
Interessen der nicht-NATO-Länder auszuspielen.
Anachronismus der Kraftmeierei
Diese Abschreckungsideologie ist aus der Zeit gefallen. Ihre Logik lautet: Um
überhaupt verhandeln zu können, beispielsweise mit Russland, müsse man überhaupt
erst einmal glaubhaft machen, dass man eine Bereitschaft zum militärischen
Agieren hat. Breit getragene Anliegen und Initiativen wie zum Beispiel „Bildung
ohne Bundeswehr“ zeigen jedoch: Niemand hat tatsächlich Lust, in einem Panzer
gegen Russland in den Krieg zu ziehen. Auch nicht in einer interoperablen EU-
Panzerdivision. Das Abschreckungsgebaren hat längst ausgedient.
Im Rahmen des Rüstungsfonds darf sogar in die Entwicklung von
Massenvernichtungswaffen und bewaffneten Drohnen investiert werden. Die zynische
Logik dahinter lautet: Kriege werden von den Bevölkerungen nicht als tragbar
angesehen, wenn in ihnen eigene Soldaten sterben. Dagegen vermehrt auf
automatisierte Kriegsführung zu setzen, blendet die schutzlosen
Zivilbevölkerungen und ihre Menschenrechte schlicht aus.
Wege zum Frieden
Frieden ist mehr als die Abwesenheit von akuter militärischer Gewalt. Er umfasst
als sozialer Frieden ebenso die Abwesenheit von struktureller Gewalt.
Für einen solchen Frieden bedarf es dringend eines Fokus auf international
solidarischer Kooperation statt Kriegsführung. Hierfür wäre ein EU-Friedensfonds
für diplomatische Maßnahmen, Kulturaustausch und zur Unterstützung von zivilem
Technologietransfer sowie die Entwicklung einer sozialen Grundsicherung ein Weg.
In diesem Sinne kann und muss internationale Zusammenarbeit auch nicht an den
EU-Außengrenzen enden, wie Initiativen wie ICAN durch den Kampf um einen
internationalen Verbotsvertrag gegen Atomwaffen aufzeigen.
Hauptsächlich jedoch müssen wir uns gegen die Ausbeutung von Menschen durch
Menschen stellen, die global für Ungleichheit sorgt, die die militärische
Verteidigung eigener Privilegien erst nötig macht.
Kommentare